Wider die Heilungsfixierung unter Christen

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Krankheit ist oft eine so große Not, und Heilung heute so ein faszinierendes Thema, dass uns Christen der Blick für´s Ganze abhanden kommt. Dann dreht sich schnell alles um die Frage: Heilt Jesus noch heute? Was kann ich tun, um geheilt zu werden? Und wer fährt mit zu den Heilungsgottesdiensten in XY?
Doch tatsächlich ist das nur einer von 5 Blickwinkeln auf das Thema, einer von 5 Aufträgen die wir Christen für kranke Menschen haben.

1) Zum Glauben einladen: Unser Hauptauftrag für kranke Menschen ist natürlich die frohe Botschaft von der Erlösung durch Jesus Christus zu bringen! „Was würde es schließlich nützen, wenn einer die ganze Welt gewinnt, aber an seiner Seele Schaden nimmt?“ fragt Jesus (Mt 8,36). Und zu einem Mann, den er von 38 jähriger Krankheit geheilt hat, sagt er: „Sieh zu, das dir nicht etwas Schlimmeres passiere!“ Das Schlimmste, was einem Kranken geschehen ist, ist das ewige Heil nicht kennen zu lernen!

2) Beziehung und Freundschaft: Wir sind vor allem anderen dazu berufen, dem Vorbild von Jesus zu folgen und Kranken mit echter Liebe zu begegnen, mit Freundlichkeit, Interesse und Anteilnahme. Wir sollen mit ihnen in Beziehung und Freundschaft leben, sie besuchen (Mt 25,34ff). Schließlich sollen sie sie sogar bevorzugt zu ihren privaten Feiern einladen (Lk 14,13f)!

3) Begleitung und Seelsorge: Wir sind darüber hinaus dazu berufen, Kranke zu begleiten durch Zuhören, Trösten, Ermutigen und den Zuspruch der Absolution. Das meint die Seelsorge im ursprünglichen Sinne, die „nicht-professionelle“, aber entscheidende Hilfe von Mensch zu Mensch, „die zweite Meile mitzugehen“ und „ihre Last mit zu tragen“ (Gal 6,2). Darüber hinaus gehört dazu aber auch – wo nötig – eine „professionelle“ Seelsorge und christliche Psychotherapie.

4) Praktische und medizinische Hilfe: Fast müßig zu sage, aber doch oft vergessen, ist es, dass wir Kranken natürlich ganz praktisch, medizinisch und finanziell helfen sollen. Unser unseres Gesundheitssystem und das Krankenhauswesen hat schließlich seine Wurzeln im christlichen Glauben (Florence Nightingale, Theodor Fliedner….). Jesus selbst hat natürlich geheilt und nicht gepflegt, aber er hat den den „barmherzigen Samariter“ als Vorbild für die zupackende Liebe beschrieben (Lk 10,33-35).

5) Kranken- oder Heilungsgebet: Last but not least ist es unsere Aufgabe, für und mit Kranken um Heilung zu beten. Jesus sagt, dass das ganz selbstverständlich zum Glauben an ihn gehört (Mk 16,15). Er verspricht dabei nicht immer Heilung, wie die ersten Christen erfahren haben, aber doch gehören Heilungen immer wieder und programmatisch zum Leben mit Jesus und zum Leben einer Gemeinde. Jakobus sagt: „Betet füreinander, dass ihr gesund werdet.“ (Jak 5,16)

Gott will, dass wir „das volle Programm“ wertschätzen und leben. Eher evangelikal orientierte Menschen, wie ich selbst, müssen lernen, mehr um Heilung durch den Glauben zu ringen und sie von Gott zu erwarten. Eher charismatisch orientierte Menschen müssen dabei lernen, nicht einseitig Heilung zu betonen und zu versprechen, sondern alle 5 Punkte wertzuschätzen. (Christian Pestel)

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