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Leben mit Passion?

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Die Passionszeit ist die wichtigste Zeit im Kirchenjahr. Was könnte für Christen wichtiger sein, als ihr Leben auf die Erlösung am Kreuz auszurichten? Und was wäre attraktiver am Glauben, als der Sieg von Jesus Christus?

Doch so klar ist das nicht mehr. Seit Jahren gibt es die kirchliche Aktion „7 Wochen ohne“. An sich eine gute Sache, doch die letzten Titel geben mir zu denken:
2012: „Gut genug! Sieben Wochen ohne falschen Ehrgeiz.“
2013: „Riskier was, Mensch! Sieben Wochen ohne Vorsicht.“
2014: „Selber Denken! Sieben Wochen ohne falsche Gewissheiten.“
2015: „Du bist schön! Sieben Wochen ohne Runtermachen.“
2016: „Großes Herz! Sieben Wochen ohne Enge.“

Schön und gut, doch was hat das mit Jesus zu tun? Vage sicher manches, aber in der Mitte stehe ich („Selbst denken“), und statt um Umkehr geht es um Selbstbestätigung („Du bist schön“).

In freikirchlichen Kreisen spricht man nun von „Leben mit Passion“. Das klingt zwar nach Passionszeit, meint aber unser Leben heute. Es geht um „Staunen über Christus im anderen“ und „Bunte Gemeinde“. Sorry, doch für mich klingt das alles irgendwie nach dem, was Selbsthilfebücher sagen („Gut genug“) oder ein guter Bürgermeister („Bunte Gemeinde“). Und so bunt das auch alles ist, eine Farbe bleibt dabei schwach, das Blutrot der Leiden von Jesus vor 2000 Jahren und die Themen der Passionszeit.

Wenn ich so etwas sage, ernte ich oft erstaunte Blicke: Was sollte an alldem falsch sein? Nichts – nur der Zeitpunkt ist doch erstaunlich! Warum reden wir über Schönsein und Vielfalt in der Zeit, die dem Leiden von Jesus gewidmet ist? Und ist es nicht sterbenslangweilig, über „Kirche“ zu reden, statt über Jesus? Ist es nicht moralisierend, von Ethik zu sprechen, statt von der Versöhnung mit Gott, die erst versöhnte Beziehungen ermöglicht?

Ein satirischer Vorschlag zeigt vielleicht, was ich meine. Warum feiern wir Christen nicht auch Weihnachten losgelöst von Jesus und Inkarnation? Ich hätte anzubieten: „Feste feiern: 4 Wochen Advent ohne Kalorienzählen“ oder „Heilige Familie: 4 Wochen gute Zeit zusammen“. Auch wenn viele tatsächlich genau so Weihnachten feiern, wäre es für uns Christen leer. So sinnbefreit ist auch eine Passionszeit, die nicht Jesus und sein Kreuz meint.

Die Passion von Jesus steht im Mittelpunkt des christlichen Glaubens. Und sie ist auch seine stärkste, bestes Seite! Leiden, Sterben und Auferstehung von Jesus sind

  • eine Provokation für eine stolze Menschheit, aber Hoffnung für alle die leiden
  • ein kalter Wasserguss für alle Selbstzufriedenen, aber ein warmer Trost für die, die Gott suchen
  • eine unbegreifliche Lehre und doch Antwort auf letzte Fragen nach Gottes Liebe, nach Leiden und ewigem Leben.

Wer Versöhnung mit Gott sucht, wer an dem Leid der Welt verzweifelt, wer nach Gottes Liebe fragt, der freut sich über Jesus und das Kreuz, für den ist alles eine Enttäuschung, was diese ausklammer!

Unsere Antwort auf die Herausforderungen heute sind keine Apelle, sondern von der Hoffnung zu reden, die in uns ist: „Christus Jesus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und uns vertritt.“ (Römer 8,34) (Christian Pestel, März 2016)

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