Mensch

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Wie sieht das biblische Menschenbild aus? Wie können wir uns selbst verstehen als Ebenbild Gottes und als Sünder?


 

Hier wohnte einmal GottMensch - Hier wohnte einmal Gott, Rothenburg odT
Die Bibel beschreibt den Menschen ambivalent. Einerseits ist er das Ebenbild Gottes, andererseits ist er ein Sünder, einerseits ist er Abschluss und „Krone der Schöpfung“, andererseits wird er aus dem Paradies verstoßen. Wie soll man das verstehen? Marty Loyd-Jones nennt es die Veranschaulichung, die von dem alten Puritaner John Howe stammt, die beste Illustration: Der Mensch sei so wie eines der Gebäude, die in vielen Städten zu sehen sind: Einst groß und prächtig, heute nur eine Ruine, auf der außen eine Gedenktafel steht: „Vor Jahrhunderten wohnte hier einmal dieser oder jener König.“ So ist auch am Menschen erkennbar: „Hier wohnte einmal Gott.“ (siehe Lloyd-Jones, Martyn. Gott, der Sohn – Studienreihe über biblische Lehren, Bd. 2. Friedberg: 3L-Verlag, 2001. Seite 53)

Wie ein zerstörtes Kunstwerk
Die „Römische Pieta“ (Beweinung Christi) von Michelangelo gilt als eines der herausragendsten Kunstwerke der Menschheit. Michelangelo fertigte sie im Auftrag des Vatikans und sie steht heute noch im Petersdom. Michelangelo schuf sie zu Beginn seiner Laufbahn im Alter von nur 24 Jahren und er brauchte dafür kaum mehr als ein Jahr. Sein Biograph Giorgio Versari (1511-1574) schreibt über dieses unvergleichlich schöne Werk:
„Kein Bildhauer noch sonst ein noch so ausgezeichneter Künstler glaube, dieses Werk in Zeichnung und Anmut oder durch Aufwand von Mühe in Feinheit, Glätte und kunstreichem Durchbrechen des Marmors, erreichen zu können. Zu den Schönheiten des Werkes gehört, außer den göttlichen Gewändern, der Leichnam Christi, dessen Glieder so herrlich, dessen Leib so kunstvoll ist, bei der Muskeln, Adern und Nerven mit so richtiger Beachtung über die Knochen gelegt sind. In den Zügen des Angesichtes spricht sich die höchste Sanftmut aus, in den Ansätzen und Verbindungen der Arme und der Beine mit dem Körper herrscht solche Übereinstimmung, Adern und Pulse sind also gearbeitet, dass man immer und immer wieder erstaunt, wie die Hand eines Künstlers in der kurzen Zeit dies bewunderungswürdige Werk so göttlich und genau auszuführen vermochte. Sicherlich ist es ein Wunder, dass einem erst formlosen Stein allmählich eine Vollendung der Form gegeben wurde, wie sie kaum die Natur im Fleisch erreicht.“ (Giorgio Vasari. Das Leben von Lionardo da Vinci, Raffael von Urbino und Michelagnolo Buonarroti. Stuttgart: Philipp Reclam, 1996. Seite 119-121, © mit freundlicher Genehmigung des Verlages)
Michelangelo hatte keines seiner Werke signiert, doch als er hörte dass einige hinter diesem Werk einen anderen Künstler vermuteten, ließ er sich nachts in St.Peter einschließen und gravierte in die Schärpe von Maria: „Dies hat Michelangelo aus Florenz geschaffen“. So stolz war er auf seine unvergleichliche Skulptur.
Auch der Mensch ist das Werk eines stolzen Schöpfers. Wie die Pieta ihre Identität durch Planung und Kunst eines einzigartigen Künstlers erhielt und als sein Werk gekennzeichnet wurde, so auch der Mensch: Er findet seine Identität nicht aus sich selbst, oder aus seiner Autonomie – sondern aus seiner Herkunft und Wertschätzung von Gott.
Im Jahr 1972 kletterte ein Mann auf den Sockel der Pieta und hieb mit einem schweren Hammer auf die Figuren ein. Er zerschlug das Gesicht der Maria und ihre Hand, bis er überwältigt und verhaftet werden konnte. Die Hammerschläge hatten den Plan des Meisters zerstört, die Makellosigkeit der Figur vernichtet und ihre Identität verletzt.
Ähnlich, wie die Pieta, so ist auch der Mensch durch die Sünde seiner göttlichen Identität beraubt. Seine göttliche Herkunft ist noch zu erkennen, sein Wesen und Schönheit aber ist schwer beschädigt.
Was tut man, wenn ein einzigartiges Kunstwerk zerstört ist. Weglegen oder wegwerfen? Nein, man sucht die besten Fachleute, nutzt die kostbarsten Materialien und bewährtesten Techniken, um es wiederherzustellen. So wurde die Pieta wieder aufwendig restauriert, und so macht es auch Gott. Er ändert nicht den Plan, er erneuert das, was zerstört war.

Auf der schiefen Bahn
Letzte Woche hatte ich einen hellen Moment. Viele sind ja ganz helle und haben manchmal einen schwachen Moment – bei mir ist das andersherum. In einem Gespräch nach dem Gottesdienst ging es darum, was und wie der Mensch sei: Wenn wir Gutes tun, bewirkt das dann Gott in uns? Ja, darin waren wir uns schnell einig. Doch wenn wir Böses tun, versucht uns dann der Teufel? Und da dachte ich: Nein, um im Einzelfall das Böse in meinem Leben zu erklären brauche ich den Teufel eigentlich nicht. Im AT ist viel die Rede von Krieg, Mord und Ehebruch, doch der Teufel taucht als Begründung dazu fast nie auf. Und dann fiel mir ein Bild ein: Nach der Bibel ist der Mensch wie ein Auto an einem Berg. Wenn es nicht aufgehalten wird, dann fängt es an zu rollen. Keiner muss es anschiebt, es hat eine Richtung ins sich – abwärts; es wird von einer inneren Energie bewegt – den Fluch und die Vernichtung! Natürlich kann der Teufel uns auch ganz direkt versuchen und tut das auch häufig. Vor allem aber hat er uns auf eine schiefe Bahn gebracht, als er fragte: „Sollte Gott gesagt haben?“ Doch wie die Sache läuft, das sehen wir täglich. (Christian Pestel, 14.2.2016)

Wenn der Mensch richtig ist, ist die Welt richtig
An einem verregneten Sonntag-Nachmittag war einem kleinen Jungen langweilig, während sein Vater Mittagschlaf machen wollte. Der Vater überlegte sich, wie er seinen Sohn beschäftigen könnte, damit er etwas Ruhe hätte. Schließlich fand er in einer Zeitung eine große Weltkarte. Diese zerschnitt er in viele Einzelteile und sagte zu seinem Jungen: „Wenn du das zusammengepuzzelt hast, dann spielen wir miteinander. Aber störe mich nicht vorher!“ Er legte sich auf die Couch und dachte, nun hätte er eine halbe Stunde Ruhe. Doch schon nach 10 Minuten kam sein Sohn und sagte, er sei fertig. Der Vater sah, dass tatsächlich alles fertig und richtig war! Erstaunt fragte er: „Wie hast du denn das gemacht?“ Da sagte der Junge: „Das war einfach, Papa. Auf der Rückseite war das Bild von einem Menschen. Als ich ihn richtig hatte, war auch die Welt richtig.“

Sprüche zu „Mensch“
1. Niemand weiß, wie schlecht er ist, wenn er nie versucht hat gut zu sein. (C.S. Lewis)
2. Je näher man beieinander sitzt, desto schwerer lernt man sich kennen. (Herrmann Hesse)
3. Ein Mensch ist wie eine Bruchrechnung: Sein Zähler zeigt an, was er ist, und sein Nenner, wofür er sich hält: Je größer der Nenner ist, desto kleiner ist der Bruch. (Leo Tolstoi)
4. Der ich bin grüßt trauernd den, der ich sein sollte! (Friedrich Hebbel)
5. Ich höre gerne Menschen über sich reden, denn dann höre ich nur Gutes. (William Rogers)
6. Jeder Mensch ist ein Mond. Er hat eine dunkle Seite, die er niemandem zeigt. (Mark Twain)
7. Es gibt zwei große Tage im Leben eines Menschen — der Tag an dem wir geboren wurden, und der Tag an dem wir entdecken wofür. (William Barclay)

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